Vartan Sirmakes. Dunkle Geschäftskarriere eines Edelsteinfassers

Vartan Sirmakes

Vartan Sirmakes. Für viele Uhrenliebhaber in Europa wohl kein unbekannter Name. Einst ein einfacher Edelsteinfasser, später einer der Mitbegründer der weltweit berühmten und beliebten Uhrenmanufaktur „Franck Muller“ aus Genf. Sein uhrentechnisches Know How erfährt hohe Wertschätzung. 2008 gewann er dafür den renommierten “Prix de l’Industrie Award”.[1] Doch was wissen wir mehr über diese scheinbar unauffällige Person, die meist im Hintergrund die Fäden zieht und durch dubiöse Praktiken zu Reichtum gelangte?

Geboren 1956 in der Familie eines armenischen Uhrmachers zog Sirmakes 1974 nach Genf. Dort ließ er sich beim Uhrenmeister Antonio Bertolini zum Juwelier ausbilden. Nach der Lehre eröffnete er eigene Uhrenwerkstatt in Eaux-Vives bei Genf. Mit der Zeit fokussierte Sirmakes immer mehr auf die Herstellung von High-End Uhren und fand in Francesco „Franck“ Muller, dem angesehenen Genfer Uhrmacher und Designer, einen geeigneten Geschäftspartner. Mit ihm gründete Sirmakes 1991 das Unternehmen “Franck Muller Watchland SA”. Die von der Firma angefertigten Armbanduhren gelten seitdem als Verkaufsschlager und zählen zum Luxussegment.

Sirmakes ist eng mit politischen Kreisen Armeniens vernetzt. Wegen seines jahrelangen und “unermüdlichen” Engagements für Armenien genießt er als Günstling der herrschenden Elite ein besonderes Ansehen und wird dafür großzügig mit Medaillen und politischen Ämtern belohnt. Im Dezember 2011 ernannte ihn der damalige Präsident Armeniens Sersch Sargsjan zum Generalkonsul des Landes in Marseille (Frankreich). Im Oktober 2017 wurde Sirmakes für seine “Verdienste um Vaterland” von Sargsjan bei einem Treffen mit Vertretern der armensichen Gemeinde in Genf mit dem höchsten Orden Armeniens ausgezeichnet.[2]

Reichtum zu Lasten des fremden Besitzes

Sirmakes investiert seit Jahren Millionen in die Wirtschaft Armeniens und in die des armensich besetzten Gebiets Bergkarabach, das völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört. Wie die Online-Zeitung hetq.am im Dezember 2014 berichtete, war die Umsetzung des Bauprojekts “Hin Yerevan” (Altes Jerewan) für die Innenstadt der armenschen Hauptstadt sein erstes größtes Vorhaben, welches Sirmakes mit bis zu 130 Millionen Dollar zu finanzieren plante.[3]Ein halbes Jahr später wurde bei seinem Treffen mit Howik Abrahamjan, dem Premierminister Armeniens, die Implementierung einer Reihe von künftigen Investitionsprojekten in okkupierten Provinzen Aserbaidschans thematisiert. Im selben Jahr geriet Sirmakes zum ersten Mal ins Fadenkreuz der aserbaidschanischen Ermittlungsbehörden, als es bekannt wurde, dass er als Hauptinvestor für das in Madagis (Sugowuschan) gegründete Unternehmen “Golden Fish” fungieren soll. Dieses war auf die Produktion von schwarzen Stör-Kavier spezialisiert. Mit der Befreiung von Sugowuschan durch aserbaidschanische Militärs am 3. Oktober 2020 scheiterten jedoch die etwaigen Umsetzungspläne. 

Die Geschäfsaktivitäten von Sirmakes reichen auch bis in den Bankensektor. Die 1996 etablierte “Artsakhbank OJSC” mit Sitz in Stepanakert (Khankendi) ist die geschlossene Aktiengesellschaft von “Armenian Card CJSC”. Die größten Anteilseigner dieser Bank sind nichtarmenische Staatsbürger. Der Schweizer Sirmakes ist nämlich mit 25,6 Prozent am Gesamtaktienpaket beteiligt. Der größte Aktionär (mit 41 Prozent) gilt allerdings “Business Fund of Armenia”. Auf den ersten Blick nichts Besonderes. Doch bei genauerer Recherche stellt sich heraus, dass Sirmakes der 100-prozentige Anteilseigner von Business Fund of Armenia ist, in dessen Vorstand er sitzt. Anders ausgedrückt bestizt Sirmakes mehr als zwei Drittel der Anteile an “Artsakhbank OJSC” und kassierte dadurch über die Jahre hinweg Unmengen Geld. 2012 hatte dieses Geldinstitut bis zu 1200 Aktionäre. 

Getreu dem Motto “ich will mehr” wollte sich Sirmakes mit Millionnen aus dem Bankengeschäft nicht zufrieden geben. Im Juli 2015 verkündete Alexander Mamonts, Generaldirektor des Unternehmens “M.Energo-L CJSC”, die Entstehung eines neuen Stausees an der Kreuzung der Flüsse Hakari und Zabukhchay in der armensich besetzten Stadt Latschin. Chefstratege und Hauptgeldgeber dieses Projekts soll dabei Sirmakes gewesen sein. Nach dem Sarsang-Stausee hätte es das zweitgrößte Wasserreservoir in besetzten Territorien sein sollen. Gemäß der Planung sollte die Anlage bis zu 12 Millionen Kubikmeter Wasserreserven speichern und eine Stromerzeugungskapazität von 30 Millionen kW/h haben. Dadurch erhofften sich die Offiziellen der nicht anerkannten “Republik Bergkarabach” das Bewässerungssystem in der Region zu erweitern und die Fischzucht zu komerziellen Zwecken zu fördern. 

Mit dem Wiederaufflammen militärischer Auseinandersetzungen zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Region Bergkarabach Ende September 2020 rückte Sirmakes erneut in den Vordergrund der breiten Öffentlichkeit. Wie die Generalstaatsanwaltschaft Aserbaidschans mitteilte, wurde im Dorf Wejneli der Provinz Zangilan, die am 21. Oktober 2020 im Zuge der militärischen Gegenoffensive aserbaidschanischer Militärs befreit wurde, Spuren illegaler Geschäfte der Base Metals-Aktiengesellschaft, einer in der Schweiz registrierten Zweigniederlassung von Vallex Group of Companies, festgestellt. Die Gegend rund um das Dorf Wejneli ist reich an Goldvorkommen. Jahrelang hatte es Sirmakes auf die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen in besetzten Territorien Aserbaidschans abgesehen und bereicherte auf diese Weise sein Geschäftsimperium. Den Ermittlungen des Ministeriums für Steuern Aserbaidschans zufolge beliefen sich die Einnahmen von Sirmakes Firma allein aus der unerlaubten Exploration von Wejneli-Goldminen im Zeitraum von 2009 bis 2017 auf ca. 302 Millionen Manat (umgerechnet 160 Millionen Euro). Bereits im November 2015 wurde Sirmakes von aserbaidschanischen Sicherheitsbehörden über Interpol zur Fahndung ausgeschrieben. Während militärischer Auseinandersetzungen im April 2016 machte Hikmat Hajiyev, damals Sprecher des Außenministeriums, heute Außenpolitischer Berater des Präsidenten Aserbaidschans, auf „illegale unternehmerische Tätigkeit und sonstige einschlägige Geschäftspraktiken“ von Sirmakes aufmerksam. Die Generalstaatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Strafverfahren gegen den armenischstämmigen Geschäftsmann ein.[4]


[1]Vartan Sirmakes. Co-Founder and CEO Franck Muller, http://meinhauswirdbestehen.org/vartansirmakes.php

[2]President meets with Armenian community in Geneva, https://www.president.am/en/press-release/item/2017/10/16/President-Serzh-Sargsyan-met-with-the-representatives-of-Geneva-Armenian-community/

[3]Franck Muller CEO Vartn Sirmakes to Finance “Hin Yerevan” Construction Project, https://hetq.am/en/article/57635

[4]Criminal case against Swiss citizen in limelight, https://en.azvision.az/Criminal_case_against_Swiss_-35391-xeber.html